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Kriegsausbruch in Europa

Mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine wurden neben dem unsäglichen menschlichen Leid zudem tiefgreifende Verwerfungen für die Weltwirtschaft ausgelöst. Mit der Ukraine (durch den andauernden Krieg) und Russland (durch internationale Sanktionen) fallen zwei immens wichtige Rohstoffproduzenten auf unbestimmte Zeit für den Weltmarkt aus. Der dadurch ausgelöste Angebotsschock äußert sich in massiv gestiegenen Rohstoffpreisen, etwa bei Öl, Gas, Weizen oder Düngemittel. Zudem werden die Lieferketten, welche sich nach dem Abschwächen der Corona-Pandemie leicht entspannten, erneut stark gestört. Diese Entwicklungen führen unmittelbar zu einem spürbar schwächeren Wirtschaftswachstum. Die OECD prognostiziert für die Weltwirtschaft einen Verlust von Wirtschaftsleistung aufgrund des Krieges von über einem Prozent. Länder mit größeren wirtschaftlichen Verflechtungen mit den Kriegsparteien, wie die Bundesrepublik Deutschland, werden dabei überproportional leiden. So senkten die führenden deutschen Wirtschaftsinstitute in ihrer Frühjahrsprognose die Wirtschaftsaussichten Deutschlands für das Jahr 2022 sogar um 2,1 Prozent. Für den Fall eines momentan in der EU diskutierten Gas-Embargos gegen Russland sehen die Institute eine Rezession für Deutschland als nicht vermeidbar.

Historischer Inflationsanstieg zwingt Zentralbanken zum Handeln

Neben der Wachstumseintrübung führt der Konflikt laut OECD-Studie in diesem Jahr zu einem Inflationsanstieg von knapp 2,5 Prozent. Diese zusätzliche Teuerung trifft auf eine ohnehin schon deutlich erhöhte Basisinflation, welche durch eine sehr lockere Geld- und Fiskalpolitik der vergangenen Jahre befeuert wurde. Die Inflation in den USA stieg zuletzt um 8,5 Prozent im Jahresvergleich auf Niveaus, welche zuletzt vor 41 Jahren gemessen wurden. Und auch die Werte für die Eurozone sowie Deutschland liegen mit 7,5 bzw. 7,3 Prozent in einem historisch hohen Bereich. Diese Geldentwertung zwingt die Zentralbanken zum Handeln. Die amerikanische Notenbank Fed hob den Leitzins im ersten Quartal erstmalig seit 2018 wieder um 25 Basispunkte an. Mittlerweile signalisiert sie den Märkten zudem deutlich, dass bei der nächsten geldpolitischen Entscheidung eine weitere Erhöhung um einen halben Prozentpunkt wahrscheinlich ist. Die Europäische Zentralbank ist noch etwas zurückhaltender, wird sich dem durch die hohen Inflationsdaten aufkommenden Druck allerdings auch nicht lange entziehen können.

Fallende Aktien- und Anleihekurse

Dieses gesamtwirtschaftliche Umfeld war für die Finanzmärkte außerordentlich herausfordernd. Historische Korrelationen wurden aufgebrochen und verringerten die Diversifikationseigenschaften von klassischen Mischportfolien, da Aktien und Anleihen gleichermaßen Kursrückgänge hinnehmen mussten. Trotz eines starken Aktienmarkteinbruchs konnten Anleihen nicht wie in der Vergangenheit schützen, da diese aufgrund der beschriebenen Inflationsentwicklung und der korrespondierenden Zentralbankentscheidungen stark unter Druck gerieten. Die zehnjährige Bundesanleihe etwa verlor im ersten Quartal ca. 7 Prozent an Wert. [caption id="attachment_9077" align="alignnone" width="1000"] Quelle: Infront PM, Renditen in Euro, die historische Wertentwicklung ist kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung[/caption]

Rezession ante portas?

Wir gehen für die kommenden Monate davon aus, dass sich das Wirtschaftswachstum deutlich abschwächen wird und auch eine Rezession können wir nicht mehr kategorisch ausschließen. Diverse Vorlaufindikatoren deuten zumindest auf eine erhöhte Rezessionsgefahr hin. Einer Studie des Schweizer Vermögensverwalters Pictet zu Folge haben massive Energiepreisanstiege in den vergangenen 50 Jahren stets eine Rezession in den USA ausgelöst. Höhere Energiepreise treffen sowohl Unternehmen, deren Kosten steigen und die Gewinnmargen belasten, als auch die Verbraucher, welche fürs Tanken oder Heizen wesentlich teurere Rechnungen bezahlen müssen und dementsprechend weniger konsumieren können. Nachhaltig hohe Inflationsraten sind per se Rezessionsvorboten, auch unabhängig von den Energiepreisen. Seit dem Zweiten Weltkrieg gab es sieben Zeitpunkte, in denen die Inflationsraten in den USA über 5 Prozent gestiegen sind und jedes Mal kam es spätestens 12 Monate später zu einer Rezession. In Deutschland gab es bei den Discountern und Supermärkten allein dieses Jahr zwei Preisanpassungen über nahezu das gesamte Produktsortiment. Vor dem Ukraine-Krieg erhöhte etwa Aldi seine Preise im Durchschnitt um 5 Prozent, um Anfang April eine weitere Preiserhöhungsrunde im zweistelligen Prozentbereich durchzuführen. Diese Mehrausgaben belasten die Verbraucher und sorgen für Konsumeinsparungen an anderer Stelle. Ein dritter in der Finanzbranche viel beachteter Rezessionsindikator ist die Inversion der Zinsstrukturkurve. Eine Zinsstrukturkurve zeigt an welchen Zins ein Schuldner einem Gläubiger bezahlen muss in Abhängigkeit der Kreditlaufzeit. Bei einer „normalen“ Zinsstruktur sollte es so sein, dass für längere Laufzeiten ein höherer Zins verlangt wird, da – vereinfacht gesagt – die Wahrscheinlichkeit eines Kreditausfalls eines Schuldners ceteris paribus über einen längeren Horizont höher ist als bei einer kurzen Laufzeit. Anfang April kam es in den Vereinigten Staaten allerdings zu einer Inversion der Zinsstrukturkurve, d.h. für US-Staatsanleihen, welche faktisch einem Kredit an die amerikanische Regierung entsprechen, bekam ein Investor für eine zehnjährige Laufzeit weniger Zinsen als für eine zweijährige. Diese Anomalie kommt äußerst selten vor und signalisiert Probleme in der amerikanischen Wirtschaft. Dieser Rezessionsindikator hat historisch stets korrekt eine Rezession innerhalb der nächsten 18 Monate vorausgesagt, zuletzt im Jahre 2019 wenige Monate vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie.

Einordnung für unseren Marktausblick

Wir beobachten die Märkte und Kursentwicklungen fortlaufend und nutzen vielfältige Indikatoren, von denen wir oben drei kurz umrissen haben, um ein Bild von der gesamtwirtschaftlichen Lage zu zeichnen. Als langfristige, strategisch denkende Investoren handeln wir nicht überstürzt, sondern immer mit Augenmaß auf sich ändernde Marktgegebenheiten. Die Rezessionsindikatoren zeigen uns zunächst einmal lediglich an, dass eine Rezession wahrscheinlich ist. Sie geben uns allerdings keine Indikation, wann dies der Fall sein könnte. Dies kann in drei Monaten oder aber erst in zwei Jahren der Fall sein. Und nicht selten sind an den Aktienmärkten die Monate vor einer Rezession noch sehr renditebringend. Grundsätzlich lässt sich konstatieren, dass der Krieg in der Ukraine je länger er andauert und je heftiger er im Verlauf noch wird, die Weltwirtschaft stärker belasten und die Inflation hochhalten wird. Lieferketten werden auf absehbare Zeit angespannt bleiben. Die Weigerung der chinesischen Zentralregierung von ihrer Null-Covid-Politik abzurücken, führte in den letzten Wochen immer wieder zu lokalen, wochenlang andauernden Lockdowns, welche die globalen Lieferketten zusätzlich belasteten. Dies stört Produktionsprozesse und sorgt für weiteren Preisdruck. Die Zentralbanken werden durch Zinserhöhungen dem Markt im Kampf gegen die Inflation sukzessive Liquidität entziehen bis adverse Effekte das Wirtschaftswachstum bedrohen. Höhere Zinsen sorgen dafür, dass einerseits Kreditaufnahme teurer wird, so dass Unternehmen und Konsumenten weniger Fremdkapital aufnehmen, und dass andererseits Sparen attraktiver wird, so dass Geld den Wirtschaftskreislauf verlässt zugunsten der Kapitalanlage. Damit wird die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen gesenkt, so dass die Preise dafür sinken sollten. Zeitgleich fehlt die Liquidität aber den Unternehmen für Investitionen sowie den Bürgern zum Konsum. Dies belastet das Wirtschaftswachstum.

Positive Wirtschaftsentwicklungen geben Grund zur Hoffnung

Durch das Überwinden der Corona-Pandemie und das Aufheben der verbliebenen Lockdownmaßnahmen in Europa und den USA gibt es immer noch Nachholeffekte beim Konsum, welche das Wirtschaftswachstum stützen. Die meisten Unternehmen und Haushalte sind zudem in einer sehr starken finanziellen Verfassung verglichen mit vorhergehenden konjunkturellen Abkühlungsphasen. Die historisch niedrigen Zinsen sowie die umfangreichen fiskalpolitischen Unterstützungsmaßnahmen wurden zur Stärkung der Bilanzen genutzt und führen zu verbesserter Resilienz im Krisenfall. Die Leitzinsen werden aktuell von sehr niedrigen Niveaus aus erhöht. Die meisten Unternehmen sollten auch Zinsen von 3-4 Prozent ohne existenzielle Angst überstehen können. Insgesamt gehen wir in den kommenden Monaten weiterhin von einem positiven – wenn auch geringerem – globalen Wirtschaftswachstum bei zeitgleich hoher Inflation aus. Mögliche Rezessionsgefahren in Europa beobachten wir genau.

Investmentstrategie

Die Aktien- und auch die Rentenmärkte werden in der nächsten Zeit herausfordernd und volatil bleiben. Stärkere Kurskorrekturen sind jederzeit möglich. Unser Investmentansatz fußt auf einer breiten Diversifikation über verschiedene Anlageklassen, -regionen und -stile. Dies verleiht unseren Portfolios die nötige Robustheit, um auch schwierige Situationen am Kapitalmarkt erfolgreich zu meistern. Wir präferieren in unseren Portfolios nach wie vor die Aktienanlage bei ausreichend langem Anlagehorizont. Aufgrund des sich eintrübenden makroökonomischen Umfeldes und der aktuellen Unwägbarkeiten stellen wir das Aktienportfolio aber zurzeit deutlich defensiver auf als zu Beginn des Jahres. So haben wir im Laufe des ersten Quartals zyklische Titel wie Banken und Automobilhersteller verkauft. Wir investieren ausschließlich in qualitativ hochwertige Unternehmen, welche durch ihr Geschäftsmodell über eine große Preissetzungsmacht verfügen. Zudem selektieren wir verstärkt Firmen, deren Unternehmenserfolg weitestgehend unabhängig vom Konjunkturzyklus ist. Die Rentenmärkte werden voraussichtlich weiter unter dem Druck der hohen Inflation und der Geldpolitik der Zentralbanken leiden. Nichtsdestotrotz werden die Renditen einiger Anleihen wieder deutlich interessanter. Sollte sich das Wirtschaftswachstum stärker eintrüben als in unserem Basisszenario angenommen, können Anleihen auf den jetzigen Niveaus wertvolle Portfoliobausteine sein. Unsere Goldinvestments waren im ersten Quartal sehr erfolgreich und bleiben im aktuellen Investmentumfeld attraktiv. Dies gilt ebenso für alternative Investmentstrategien, welche dem Portfolio zusätzliche Stabilität verleihen. Kassapositionen halten wir taktisch, um opportunistisch Investmentchancen durch Marktverwerfungen nutzen zu können.

Fazit

Der Einmarsch Russlands in die Ukraine stellt eine Zäsur in der Weltpolitik dar und wird das Wirtschaftswachstum global belasten und zu steigenden Inflationsraten führen. Dieser Inflationsschub trifft auf ein nach der Corona-Pandemie ohnehin schon sehr hohes Inflationsniveau und verschärft die Belastung für Unternehmen und Konsumenten. Die westlichen Zentralbanken werden restriktiver in ihrer Geldpolitik und bremsen damit das Wirtschaftswachstum zusätzlich aus. Dies wird erhöhte Volatilität nach sich ziehen und kann auch zu stärkeren Kurskorrekturen führen. Mittel- bis langfristig sind wir trotz aller Risiken nach wie vor konstruktiv für den Aktienmarkt, stellen das Portfolio durch eine defensivere Aktienselektion aber robuster für den Fall von Kursabschwüngen auf. Anleihen werden es in diesem Wirtschaftsumfeld tendenziell schwer haben, können aber im Falle eines stärkeren Wirtschaftsabschwungs wertvoll fürs Portfolio werden. Gold und alternative Investmentstrategien verleihen dem Portfolio zusätzliche Stabilität." ["post_title"]=> string(34) "Marktkommentar zum 2. Quartal 2022" ["post_excerpt"]=> string(0) "" ["post_status"]=> string(7) "publish" ["comment_status"]=> string(6) "closed" ["ping_status"]=> string(6) "closed" ["post_password"]=> string(0) "" ["post_name"]=> string(33) "marktkommentar-zum-2-quartal-2022" ["to_ping"]=> string(0) "" ["pinged"]=> string(0) "" ["post_modified"]=> string(19) "2022-04-26 11:44:41" ["post_modified_gmt"]=> string(19) "2022-04-26 09:44:41" ["post_content_filtered"]=> string(0) "" ["post_parent"]=> int(0) ["guid"]=> string(36) "https://portfolio-concept.de/?p=9079" ["menu_order"]=> int(0) ["post_type"]=> string(4) "post" ["post_mime_type"]=> string(0) "" ["comment_count"]=> string(1) "0" ["filter"]=> string(3) "raw" }

Marktkommentar zum 2. Quartal 2022

Kriegsausbruch in Europa

Mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine wurden neben dem unsäglichen menschlichen Leid zudem tiefgreifende Verwerfungen für die Weltwirtschaft ausgelöst. Mit der Ukraine (durch den andauernden Krieg) und Russland (durch internationale Sanktionen) fallen zwei immens wichtige Rohstoffproduzenten auf unbestimmte Zeit für den Weltmarkt aus. Der dadurch ausgelöste Angebotsschock äußert sich in massiv gestiegenen Rohstoffpreisen, etwa bei Öl, Gas, Weizen oder Düngemittel. Zudem werden die Lieferketten, welche sich nach dem Abschwächen der Corona-Pandemie leicht entspannten, erneut stark gestört.

Diese Entwicklungen führen unmittelbar zu einem spürbar schwächeren Wirtschaftswachstum. Die OECD prognostiziert für die Weltwirtschaft einen Verlust von Wirtschaftsleistung aufgrund des Krieges von über einem Prozent. Länder mit größeren wirtschaftlichen Verflechtungen mit den Kriegsparteien, wie die Bundesrepublik Deutschland, werden dabei überproportional leiden. So senkten die führenden deutschen Wirtschaftsinstitute in ihrer Frühjahrsprognose die Wirtschaftsaussichten Deutschlands für das Jahr 2022 sogar um 2,1 Prozent. Für den Fall eines momentan in der EU diskutierten Gas-Embargos gegen Russland sehen die Institute eine Rezession für Deutschland als nicht vermeidbar.

Historischer Inflationsanstieg zwingt Zentralbanken zum Handeln

Neben der Wachstumseintrübung führt der Konflikt laut OECD-Studie in diesem Jahr zu einem Inflationsanstieg von knapp 2,5 Prozent.
Diese zusätzliche Teuerung trifft auf eine ohnehin schon deutlich erhöhte Basisinflation, welche durch eine sehr lockere Geld- und Fiskalpolitik der vergangenen Jahre befeuert wurde. Die Inflation in den USA stieg zuletzt um 8,5 Prozent im Jahresvergleich auf Niveaus, welche zuletzt vor 41 Jahren gemessen wurden. Und auch die Werte für die Eurozone sowie Deutschland liegen mit 7,5 bzw. 7,3 Prozent in einem historisch hohen Bereich.
Diese Geldentwertung zwingt die Zentralbanken zum Handeln. Die amerikanische Notenbank Fed hob den Leitzins im ersten Quartal erstmalig seit 2018 wieder um 25 Basispunkte an. Mittlerweile signalisiert sie den Märkten zudem deutlich, dass bei der nächsten geldpolitischen Entscheidung eine weitere Erhöhung um einen halben Prozentpunkt wahrscheinlich ist. Die Europäische Zentralbank ist noch etwas zurückhaltender, wird sich dem durch die hohen Inflationsdaten aufkommenden Druck allerdings auch nicht lange entziehen können.

Fallende Aktien- und Anleihekurse

Dieses gesamtwirtschaftliche Umfeld war für die Finanzmärkte außerordentlich herausfordernd. Historische Korrelationen wurden aufgebrochen und verringerten die Diversifikationseigenschaften von klassischen Mischportfolien, da Aktien und Anleihen gleichermaßen Kursrückgänge hinnehmen mussten. Trotz eines starken Aktienmarkteinbruchs konnten Anleihen nicht wie in der Vergangenheit schützen, da diese aufgrund der beschriebenen Inflationsentwicklung und der korrespondierenden Zentralbankentscheidungen stark unter Druck gerieten. Die zehnjährige Bundesanleihe etwa verlor im ersten Quartal ca. 7 Prozent an Wert.

Quelle: Infront PM, Renditen in Euro, die historische Wertentwicklung ist kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung

Rezession ante portas?

Wir gehen für die kommenden Monate davon aus, dass sich das Wirtschaftswachstum deutlich abschwächen wird und auch eine Rezession können wir nicht mehr kategorisch ausschließen. Diverse Vorlaufindikatoren deuten zumindest auf eine erhöhte Rezessionsgefahr hin.
Einer Studie des Schweizer Vermögensverwalters Pictet zu Folge haben massive Energiepreisanstiege in den vergangenen 50 Jahren stets eine Rezession in den USA ausgelöst. Höhere Energiepreise treffen sowohl Unternehmen, deren Kosten steigen und die Gewinnmargen belasten, als auch die Verbraucher, welche fürs Tanken oder Heizen wesentlich teurere Rechnungen bezahlen müssen und dementsprechend weniger konsumieren können.

Nachhaltig hohe Inflationsraten sind per se Rezessionsvorboten, auch unabhängig von den Energiepreisen. Seit dem Zweiten Weltkrieg gab es sieben Zeitpunkte, in denen die Inflationsraten in den USA über 5 Prozent gestiegen sind und jedes Mal kam es spätestens 12 Monate später zu einer Rezession. In Deutschland gab es bei den Discountern und Supermärkten allein dieses Jahr zwei Preisanpassungen über nahezu das gesamte Produktsortiment. Vor dem Ukraine-Krieg erhöhte etwa Aldi seine Preise im Durchschnitt um 5 Prozent, um Anfang April eine weitere Preiserhöhungsrunde im zweistelligen Prozentbereich durchzuführen. Diese Mehrausgaben belasten die Verbraucher und sorgen für Konsumeinsparungen an anderer Stelle.
Ein dritter in der Finanzbranche viel beachteter Rezessionsindikator ist die Inversion der Zinsstrukturkurve. Eine Zinsstrukturkurve zeigt an welchen Zins ein Schuldner einem Gläubiger bezahlen muss in Abhängigkeit der Kreditlaufzeit. Bei einer „normalen“ Zinsstruktur sollte es so sein, dass für längere Laufzeiten ein höherer Zins verlangt wird, da – vereinfacht gesagt – die Wahrscheinlichkeit eines Kreditausfalls eines Schuldners ceteris paribus über einen längeren Horizont höher ist als bei einer kurzen Laufzeit.

Anfang April kam es in den Vereinigten Staaten allerdings zu einer Inversion der Zinsstrukturkurve, d.h. für US-Staatsanleihen, welche faktisch einem Kredit an die amerikanische Regierung entsprechen, bekam ein Investor für eine zehnjährige Laufzeit weniger Zinsen als für eine zweijährige. Diese Anomalie kommt äußerst selten vor und signalisiert Probleme in der amerikanischen Wirtschaft. Dieser Rezessionsindikator hat historisch stets korrekt eine Rezession innerhalb der nächsten 18 Monate vorausgesagt, zuletzt im Jahre 2019 wenige Monate vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie.

Einordnung für unseren Marktausblick

Wir beobachten die Märkte und Kursentwicklungen fortlaufend und nutzen vielfältige Indikatoren, von denen wir oben drei kurz umrissen haben, um ein Bild von der gesamtwirtschaftlichen Lage zu zeichnen. Als langfristige, strategisch denkende Investoren handeln wir nicht überstürzt, sondern immer mit Augenmaß auf sich ändernde Marktgegebenheiten.
Die Rezessionsindikatoren zeigen uns zunächst einmal lediglich an, dass eine Rezession wahrscheinlich ist. Sie geben uns allerdings keine Indikation, wann dies der Fall sein könnte. Dies kann in drei Monaten oder aber erst in zwei Jahren der Fall sein. Und nicht selten sind an den Aktienmärkten die Monate vor einer Rezession noch sehr renditebringend.
Grundsätzlich lässt sich konstatieren, dass der Krieg in der Ukraine je länger er andauert und je heftiger er im Verlauf noch wird, die Weltwirtschaft stärker belasten und die Inflation hochhalten wird.

Lieferketten werden auf absehbare Zeit angespannt bleiben. Die Weigerung der chinesischen Zentralregierung von ihrer Null-Covid-Politik abzurücken, führte in den letzten Wochen immer wieder zu lokalen, wochenlang andauernden Lockdowns, welche die globalen Lieferketten zusätzlich belasteten. Dies stört Produktionsprozesse und sorgt für weiteren Preisdruck.
Die Zentralbanken werden durch Zinserhöhungen dem Markt im Kampf gegen die Inflation sukzessive Liquidität entziehen bis adverse Effekte das Wirtschaftswachstum bedrohen. Höhere Zinsen sorgen dafür, dass einerseits Kreditaufnahme teurer wird, so dass Unternehmen und Konsumenten weniger Fremdkapital aufnehmen, und dass andererseits Sparen attraktiver wird, so dass Geld den Wirtschaftskreislauf verlässt zugunsten der Kapitalanlage. Damit wird die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen gesenkt, so dass die Preise dafür sinken sollten. Zeitgleich fehlt die Liquidität aber den Unternehmen für Investitionen sowie den Bürgern zum Konsum. Dies belastet das Wirtschaftswachstum.

Positive Wirtschaftsentwicklungen geben Grund zur Hoffnung

Durch das Überwinden der Corona-Pandemie und das Aufheben der verbliebenen Lockdownmaßnahmen in Europa und den USA gibt es immer noch Nachholeffekte beim Konsum, welche das Wirtschaftswachstum stützen.
Die meisten Unternehmen und Haushalte sind zudem in einer sehr starken finanziellen Verfassung verglichen mit vorhergehenden konjunkturellen Abkühlungsphasen. Die historisch niedrigen Zinsen sowie die umfangreichen fiskalpolitischen Unterstützungsmaßnahmen wurden zur Stärkung der Bilanzen genutzt und führen zu verbesserter Resilienz im Krisenfall.
Die Leitzinsen werden aktuell von sehr niedrigen Niveaus aus erhöht. Die meisten Unternehmen sollten auch Zinsen von 3-4 Prozent ohne existenzielle Angst überstehen können.
Insgesamt gehen wir in den kommenden Monaten weiterhin von einem positiven – wenn auch geringerem – globalen Wirtschaftswachstum bei zeitgleich hoher Inflation aus. Mögliche Rezessionsgefahren in Europa beobachten wir genau.

Investmentstrategie

Die Aktien- und auch die Rentenmärkte werden in der nächsten Zeit herausfordernd und volatil bleiben. Stärkere Kurskorrekturen sind jederzeit möglich. Unser Investmentansatz fußt auf einer breiten Diversifikation über verschiedene Anlageklassen, -regionen und -stile. Dies verleiht unseren Portfolios die nötige Robustheit, um auch schwierige Situationen am Kapitalmarkt erfolgreich zu meistern.

Wir präferieren in unseren Portfolios nach wie vor die Aktienanlage bei ausreichend langem Anlagehorizont. Aufgrund des sich eintrübenden makroökonomischen Umfeldes und der aktuellen Unwägbarkeiten stellen wir das Aktienportfolio aber zurzeit deutlich defensiver auf als zu Beginn des Jahres. So haben wir im Laufe des ersten Quartals zyklische Titel wie Banken und Automobilhersteller verkauft. Wir investieren ausschließlich in qualitativ hochwertige Unternehmen, welche durch ihr Geschäftsmodell über eine große Preissetzungsmacht verfügen. Zudem selektieren wir verstärkt Firmen, deren Unternehmenserfolg weitestgehend unabhängig vom Konjunkturzyklus ist.

Die Rentenmärkte werden voraussichtlich weiter unter dem Druck der hohen Inflation und der Geldpolitik der Zentralbanken leiden. Nichtsdestotrotz werden die Renditen einiger Anleihen wieder deutlich interessanter. Sollte sich das Wirtschaftswachstum stärker eintrüben als in unserem Basisszenario angenommen, können Anleihen auf den jetzigen Niveaus wertvolle Portfoliobausteine sein.

Unsere Goldinvestments waren im ersten Quartal sehr erfolgreich und bleiben im aktuellen Investmentumfeld attraktiv. Dies gilt ebenso für alternative Investmentstrategien, welche dem Portfolio zusätzliche Stabilität verleihen.

Kassapositionen halten wir taktisch, um opportunistisch Investmentchancen durch Marktverwerfungen nutzen zu können.

Fazit

Der Einmarsch Russlands in die Ukraine stellt eine Zäsur in der Weltpolitik dar und wird das Wirtschaftswachstum global belasten und zu steigenden Inflationsraten führen. Dieser Inflationsschub trifft auf ein nach der Corona-Pandemie ohnehin schon sehr hohes Inflationsniveau und verschärft die Belastung für Unternehmen und Konsumenten. Die westlichen Zentralbanken werden restriktiver in ihrer Geldpolitik und bremsen damit das Wirtschaftswachstum zusätzlich aus. Dies wird erhöhte Volatilität nach sich ziehen und kann auch zu stärkeren Kurskorrekturen führen. Mittel- bis langfristig sind wir trotz aller Risiken nach wie vor konstruktiv für den Aktienmarkt, stellen das Portfolio durch eine defensivere Aktienselektion aber robuster für den Fall von Kursabschwüngen auf. Anleihen werden es in diesem Wirtschaftsumfeld tendenziell schwer haben, können aber im Falle eines stärkeren Wirtschaftsabschwungs wertvoll fürs Portfolio werden. Gold und alternative Investmentstrategien verleihen dem Portfolio zusätzliche Stabilität.

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