Bis 1962 war das sogenannte „Geheimsparen der Hausfrauen“ gesetzlich verboten. Bis zu diesem Jahr durften Frauen in Deutschland kein eigenes Bankkonto eröffnen. Es sollte damit verhindert werden, dass die Hausfrau sich selber etwas vom Haushaltgeld zur Seite legen konnte. Erst 1969 wurden Frauen in Deutschland für voll geschäftsfähig erklärt, vorher durften sie nur die Waren des täglichen Bedarfs, aber keine größeren Anschaffungen tätigen. Erst seit 1977 dürfen Frauen selbständig einen Arbeitsvertrag unterschreiben. Vorher hätte dieser auch jederzeit vom Ehemann gekündigt werden können. Bis weit in die 70er Jahre hinein, war die Rollenverteilung in der Gesellschaft klar vorgegeben. Der Ehemann war der Hauptverdiener, die Ehefrau hatte sich um den Haushalt und die Kinder zu kümmern.
Mittlerweile herrscht glücklicherweise Gleichberechtigung in Deutschland. Frauen und Männer haben die gleichen Möglichkeiten ihre private Vorsorge und ihren Vermögensaufbau selbstständig zu gestalten. Die Realität sieht jedoch leider immer noch anders aus. Viele Frauen scheinen das Thema des privaten Vermögensaufbaus lange zu vernachlässigen. Statistisch gesehen fangen Frauen zehn Jahre später als Männer damit an, sich ein eigenes Vermögen aufzubauen. Im Durchschnitt sind sie Ende 20 während Männer bereits mit Anfang 20 fürs Alter vorsorgen. Das sind wertvolle Jahre, die für den privaten Vermögensaufbau fehlen. Dabei haben Frauen im Schnitt im Rentenalter 50 Prozent weniger Einkommen zur Verfügung als Männer. Die Erwerbsbiographien von Frauen sind, bedingt durch Auszeiten für die Kindererziehung, häufig durch Unterbrechungen gekennzeichnet. Auch beim durchschnittlichen Einkommen sind Frauen häufig noch schlechter gestellt. Laut der neuesten Studie des Familienministeriums haben nur zehn Prozent aller 30- bis 50-jährigen Frauen netto mehr als 2.000 Euro monatlich zur Verfügung, bei den Männern hingegen sind es 42 Prozent.
Vor allem die Ehe ist für viele Frauen nach wie vor ein großes Armutsrisiko. Vor allem dann, wenn die Partnerschaft nicht wie ursprünglich geplant ein Leben lang hält. Denn die unromantische Realität sieht leider derzeit anders aus. Die Scheidungsrate liegt aktuell bei 40 Prozent, in Großstädten wird sogar jede zweite Ehe geschieden. Wenn die Ehe scheitert, haben viele Frauen ein Problem. Nach Scheidungen haben sie rund 40 Prozent weniger Geld zur Verfügung, während Männer mit nur sieben Prozent weniger auskommen müssen. Wer weniger Geld hat, der wird sich auch weniger um seine Altersvorsorge kümmern können. Frauen sind nach Trennungen deshalb oft finanziell doppelt benachteiligt. Mit ihrem Partner verlieren Sie häufig nicht nur einen Großteil ihrer eigenen Alterssicherung, sondern es fehlt dann oft auch die finanzielle Möglichkeit, sich eine eigene Rente aufzubauen.
Grundsätzlich funktioniert Vermögensaufbau für Frauen genauso wie für Männer. Je früher man damit beginnt, desto besser. Dabei sind Aktien langfristig die rentabelste Geldanlage. Eine Investition ist mittels eines Sparplans oft schon ab 25 Euro im Monat möglich. Dabei sollte man berücksichtigen, dass eine Investition in Aktien immer ein Marathon und kein Sprint ist. Man sollte als Anlegerin einen langen Atem haben, um auch die schwierigen Jahre an der Börse zu ertragen. Dabei hat das vermeintlich schwache Geschlecht gerade bei der Aktienanlage alle Trümpfe in der Hand.
Diverse Studien belegen, dass Frauen die besseren und erfolgreicheren Anleger sind. Sie sind wesentlich geduldiger als ihre männlichen Kollegen und meiden unkalkulierbare Risiken. Eigenschaften wie Beharrlichkeit und Nervenstärke sind in der Finanzwelt eher bei Frauen zu finden. Fast alle Forschungen zu diesem Thema zeigen, dass Frauen Risiken umsichtig verwalten, langfristig denken, relativ unvoreingenommene Entscheidungen treffen und letztendlich häufig eine höhere Kapitalrendite erzielen. Eine Untersuchung der US-Fondsgesellschaft Fidelity kam 2017 zu folgendem Ergebnis: Weibliche Kunden erwirtschaften im Schnitt 0,4 Prozent beziehungsweise 40 Basispunkte mehr als Männer. Die Begründung für den Anlageerfolg der Frauen ist dabei jedoch wieder sehr männlich. Demnach sind Frauen es schon seit Jahrhunderten gewohnt, Produkte auf dem Markt möglichst günstig einzukaufen. Aus diesem Grund verfolgen sie intuitiv eine Value-Strategie und kaufen möglichst niedrig bewertete Aktien.
Bei solchen Ergebnissen verwundert es eigentlich, dass Frauen in der Finanzbranche immer noch unterrepräsentiert sind. Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) aus dem Jahr 2017 waren in den großen deutschen Banken nur neun Prozent in den Vorständen Frauen. In der Fondsbranche sollen es sogar nur sechs Prozent sein. Diese ungleiche Verteilung setzt sich bis zu den Investoren durch. Einer Studie der US-Bank JP Morgan Chase aus dem Jahr 2017 zufolge haben zwar 55 Prozent der Frauen in Deutschland Geld auf dem Sparbuch, aber nur 13 Prozent in Aktien investiert. Bei Männern steht die Quote bei 50 zu 23. Laut einer Studie der Vermögensverwaltung Amundi machen sich 44 Prozent der weiblichen Befragten zwischen 35 und 55 Jahren keine Gedanken über Altersvorsorge. Dabei ist ein breites Aktien- und Wertpapierportfolio gerade für Frauen als private Absicherung interessant, weil das Geld dann arbeitet, egal ob die Anlegerin gerade Kinder großzieht oder im Büro ist.
Um einen Überblick über die finanzielle Situation zu erhalten, empfiehlt sich ein ausführlicher und vollständiger Finanzplan. Gerade für Ehepaare eine sinnvolle Entscheidungsgrundlage. Denn damit lässt sich einfach und anschaulich darstellen, wie „Frau“ finanziell ohne „Mann“ aufgestellt ist. Mitunter müssen nur Kleinigkeiten umgestellt werden, damit auch in der Vermögensbilanz Gleichberechtigung herrscht. Alle, auch glücklich verheiratete Ehefrauen, sollten folgende Regel immer im Hinterkopf behalten: Ein Ehemann ist keine Altersvorsorge, selbst ist die Frau.