Nach zwei guten Anlagejahren sind die Prognosen für 2025 erneut positiv. Donald Trump lässt höhere Unternehmensgewinne in den USA erwarten. Gleichzeit gibt es aber auch Warnsignale. 2025 ist ein aktiver Investmentstil gefragt.
Das Jahr 2024 wurde von der Geopolitik geprägt. Die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten weiteten sich aus. Bei den zahlreichen Wahlen weltweit fielen die Voten meist für einen Regierungswechsel aus, insbesondere in den USA mit dem triumphalen Wahlsieg von Donald Trump. Makroökonomisch war das übergeordnete Thema der „Amerikanische Exzeptionalismus“. Die „Amerikanische Ausnahme“ manifestierte sich in einem starken Wirtschaftswachstum. Gleichzeitig stagnierte die europäische Wirtschaft und China litt unter der anhaltenden Immobilienkrise, hoher Jugendarbeitslosigkeit und einbrechendem Konsum. Die Inflationsraten in den USA und Europa gingen zurück, blieben aber über den Zielen der Zentralbanken. Diese begaben sich dennoch global in den Zinssenkungszyklus und reduzierten den Druck der Finanzierungskonditionen.
Trotz der multiplen Krisen war 2024 ein hervorragendes Anlagejahr. Nahezu alle Assetklassen legten zu – Anleihen, Rohstoffe und vor allem Aktien, Bitcoin und Gold. Von den USA über Europa bis China entwickeln sich die Aktienmärkte positiv. Der amerikanische S&P 500 verzeichnete fast 60 neue Allzeithöchststände, der Technologieindex NASDAQ 100 gewann rund 30 Prozent. Der Kursanstieg war in noch stärkerer Form als im vergangenen Jahr von wenigen Einzeltiteln geprägt. Das zeigen die Glorreichen Sieben (Nvidia, Microsoft, Amazon, Alphabet, Meta, Tesla, Apple), die mit über 65 Prozent Plus mehr als doppelt so gut abschnitten wie der NASDAQ 100. Obwohl auch der DAX rund 20 Prozent und der Euro STOXX 600 rund 10 Prozent zulegten, ist das Gewicht der amerikanischen Titel am MSCI-Welt-Index auf fast 75 Prozent angestiegen. Das Konzentrationsrisiko des Index ist somit so hoch wie nie zuvor in der jüngeren Historie.
Am 20. Januar wird Trump erneut Präsident der Vereinigten Staaten. Seine Politik wird die Märkte im Jahr 2025 wesentlich beeinflussen. Wie in seiner ersten Amtszeit ist mit einem erratischen Führungsstil zu rechnen. Die wichtigsten Regierungspositionen bei Wirtschaft und Finanzen sollen mit Unternehmern, Wirtschaftsbossen und Finanzexperten besetzt werden, die für Steuersenkungen und Deregulierung stehen. Marktteilnehmer erhoffen sich positive Impulse für die Gewinne der amerikanischen Unternehmen und ihr Standing im internationalen Wettbewerb.
Dagegen versprechen die Ministerkandidaten für Sicherheit und Außenpolitik geopolitisches Konfliktpotential durch Zollpolitik und Migrations- respektive Abschiebepolitik. Bisher wird an den Märkten nicht mit der Einführung von drastischen Zöllen gerechnet. Die Verknüpfung der Zollandrohungen für Waren aus Kanada, Mexiko oder China mit sozialen Themen wie Migration oder illegaler Drogenschmuggel sehen viele eher als Verhandlungstaktik.
Wenn Trump jedoch ernst macht und die im Wahlkampf angekündigte Zoll- und Migrationspolitik wirklich umsetzt, ist ein inflationärer Schub zu erwarten. Die Commerzbank hat errechnet, dass die Inflation in den USA um einen Prozentpunkt steigen würde, wenn Trump nur die Hälfte seiner Zollvorhaben umsetzen sollte. Zudem würden durch eine scharfe Migrationspolitik den USA günstige Arbeitskräfte fehlen. Das dürfte sich bei künftigen Lohnverhandlungen preissteigernd auswirken.
Vor allem aber gibt es Zölle und harte Grenzen nicht zum Nulltarif. Bei starken Zollanhebungen sind Vergeltungsmaßnahmen von China, Europa und den Nachbarländern zu erwarten. In einem solchen Szenario würde das globale Wirtschaftswachstum geschwächt. Deshalb wird das Börsenjahr 2025 in den USA und weltweit entscheidend von der Frage geprägt sein, welchen Zielen der Präsident Donald Trump den Vorrang geben wird – Wachstum durch Steuersenkungen und Deregulierung oder aber Abschottung über Kontrolle der Migration und Zölle.
Wir gehen davon aus, dass die „Amerikanische Ausnahme“ auch 2025 anhält. Die US-Wirtschaft wächst deutlich, die Arbeitslosenquote von 4,1 Prozent markiert nahezu Vollbeschäftigung und die amerikanische Zentralbank FED stimuliert diese robuste Wirtschaft zusätzlich mit Zinssenkungen von bisher einem Prozent. Dies spricht alles für eine weiterhin starke Entwicklung, zumal sich der außergewöhnliche Fiskalimpuls der amerikanischen Politik fortsetzen dürfte. Haushaltsdefizite von zuletzt über 6 Prozent für eine ohnehin schon starke Wirtschaft haben den amerikanischen Exzeptionalismus in den vergangenen Jahren begünstigt (siehe Grafiken auf der nachfolgenden Seite).
Diese Entwicklung wird sich laut einer Prognose der Deutschen Bank sogar verstärken. Ein Risiko besteht 2025 für den amerikanischen Arbeitsmarkt, wenn es unter Elon Musk tatsächlich zu nennenswerten Haushalts-Kürzungen kommt. Der Grund: Etwa die Hälfte der neuen Stellen wurden 2024 im öffentlichen Dienst und im öffentlichen Gesundheitswesen geschaffen. Sollte Musk mit seinen Kürzungsplänen erfolgreich sein, könnte sich das Wachstumsbild eintrüben.
Die Eurozone hingegen kämpft weiter mit einer Stagnation. Überbordende Bürokratie, im internationalen Vergleich hohe Energiekosten und eine zurückhaltende Konsumneigung bremsen die Wirtschaftsentwicklung. Allerdings erkennen wir erste Tendenzen einer zarten Bodenbildung. Die Energiepreise sind global rückläufig und die Zinssenkungen der europäischen Zentralbank (EZB) um 1,35 Prozentpunkte eröffnen den Unternehmen wieder mehr Investitionsspielraum. Sollten die Konsumenten in Europa ihre bisherige Zurückhaltung aufgeben, könnte dies zudem einen überraschenden Wachstumsimpuls liefern. Zudem kann die exportorientierte Eurozone eventuell vom stärkeren Wachstum in den USA und/oder China profitieren. China selbst hat hausgemachte Probleme und muss eine verschärfte Handelspolitik der USA befürchten. Die Regierung hat zwar monetäre und fiskalpolitische Impulse angekündigt. Derartige Versprechungen wurden zuletzt aber unzureichend erfüllt. Erst bei spürbaren Maßnahmen würden wir unser skeptisches Wachstumsbild für China revidieren.
Die Inflationsraten sind in der Eurozone in den vergangenen Monaten rückläufig gewesen und verharren knapp oberhalb des Zentralbankziels von 2 Prozent. In diesem Bereich dürften sie bleiben, solange keine stärkeren monetären oder fiskalpolitischen Stimulierungsmaßnahmen ergriffen werden. Die bisherigen Zinssenkungen der EZB halten wir angesichts des flauen Wachstumsumfelds für angemessen. Schon in der Dezember-Sitzung der EZB wurden stärkere Zinssenkungen als die schließlich beschlossenen 25 Basispunkte diskutiert, um die Wirtschaft vor einem möglichen Zollstreit mit den USA präventiv zu stärken. Wir gehen für 2025 von weiter fallenden Leitzinsen aus und können uns Niveaus um 2 Prozent vorstellen.
In den USA ist die Inflation bei robustem Wachstum hartnäckiger. Zuletzt stiegen die Konsumentenpreise im Jahresvergleich noch um 2,9 Prozent, die Kernrate ohne Nahrungsmittel und Energie sogar um 3,2 Prozent. Damit sind die Inflationsraten seit dem Juli wieder moderat angestiegen, das Inflationsproblem ist noch nicht gelöst. Angesichts der starken US-Wirtschaft und des robusten Arbeitsmarktes sehen wir die ausgeprägten Zinssenkungen der FED kritisch. Zölle oder Zuwanderungsbeschränkungen würden die Inflationsgefahr weiter steigern. Das zeigt ein Beispiel aus Trumps erster Amtszeit.
Auf Waschmaschinen wurde im Februar 2018 ein 20-prozentiger Importzoll verhängt. In den folgenden Monaten führte dies gemäß Verbraucherpreisstatistik schließlich dazu, dass sich die Preise um bis zu 18,5 Prozent verteuerten. Amerikanische Konsumenten zahlten also die Zeche für die Zölle.
In diesem Szenario ist das weitere Zinssenkungspotential nach unserer Einschätzung begrenzt. Nach dem bisherigen Zinsrückgang um einen Prozentpunkt halten wir eine Pause im Zinszyklus für realistisch. Denn sollte eine weiter expansive Fiskalpolitik die Inflation anheizen, könnte die FED sogar gezwungen sein, den Leitzins wieder zu erhöhen. Einen politischen Eingriff in die Unabhängigkeit der FED, wie er von Trump und den Republikanern in der Vergangenheit ins Spiel gebracht wurde, sehen wir momentan nicht als sehr wahrscheinlich an. Dies würde die Märkte stark irritieren.
Geopolitische Risiken und die Unsicherheiten rund um Trumps Politik dürften im laufenden Jahr für einen Anstieg der Volatilität sorgen. Zudem sind US-Aktien mittlerweile hoch bewertet ergo teuer und die Risikoprämien für Unternehmensanleihen liegen auf historisch niedrigen Niveaus. Nach zwei Jahren starker Aktienrenditen in den USA erwarten Investmentbanken, dass die Rallye 2025 weitergeht (siehe Grafik). Die Schätzungen für den S&P 500 liegen zwischen 9 und 20,5 Prozent.
Global stabiles Wirtschaftswachstum, rückläufige Inflationsraten sowie weitere Leitzinssenkungen: Unter dem Strich bleiben wir für das laufende Jahr vorsichtig optimistisch, auch wenn der Rückenwind fallender Inflationsraten im Jahresverlauf abnehmen wird. Wachsamkeit und ein aktiver Investmentstil sind jedoch erforderlich. Auch wenn alle Erwartungen gleichgerichtet sind, kann am Ende ein schwarzer Schwan auftauchen und dafür sorgen, dass etwas vollkommen anderes passiert. Dies hat uns die Vergangenheit gezeigt.
Viele amerikanische Aktien sind mittlerweile sehr hoch bewertet – egal welche Kennziffer man betrachtet. So liegt das durchschnittliche KGV im S&P 500 aktuell bei 26,4 und damit um rund 5 Punkte über dem Zehnjahresschnitt. Über 50 Prozent der globalen Marktkapitalisierung kommt aus US-Unternehmen, aber sie erwirtschaften nur ca. 26 Prozent des globalen BIP. Damit liegt der sogenannte „Buffett-Indikator“ bei 225 Prozent. Er setzt die Marktkapitalisierung der amerikanischen Aktien ins Verhältnis zum amerikanischen BIP. Investmentlegende Buffett hält ein Verhältnis von 70 bis 80 Prozent für einen guten Zeitpunkt für den Einstieg in Aktieninvestments. Bei Werten von über 200 Prozent wie zur Jahrtausendwende (und aktuell) nimmt die Gefahr eines Kurseinbruchs zu. Denn dann ist viel Kurspotential eingepreist und schlechte Nachrichten können teils größere Korrekturen auslösen.
Allerdings, die Jahre vor der Dot-Com-Blase haben aber auch gezeigt, dass ein vorzeitiger Ausstieg aus Aktieninvestments wertvolles Renditepotential vergeudet. Der S&P 500 verzeichnete vier Jahre vor dem Platzen der Blase Kurszuwächse oberhalb von 20 Prozent. Wir haben zuletzt das Gewicht amerikanischer Aktien zulasten europäischer Titel erhöht. Dabei haben wir mittelständische US-Unternehmen und Finanztitel aufgenommen, weil sie überproportional von Steuersenkungen und Deregulierung profitieren sollten. In Europa bevorzugen wir defensive Substanztitel.
Anleihen haben sich im Jahr 2024 aufgrund der sinkenden Zinsen gut entwickelt. Aufgrund der hohen Staatsdefizite und der latenten Inflationsgefahren haben wir zuletzt unsere langlaufenden Staatsanleihen reduziert. Im Sektor der Unternehmensanleihen bevorzugen wir wegen der historisch niedrigen Spreads weiterhin Bonds mit Investment Grade gegenüber High Yield Anleihen. Bei Unternehmensanleihen mit geringen Risiken nehmen wir den Renditeaufschlag aber weiterhin gerne mit. Gold bleibt trotz des massiven Kursanstiegs im vergangenen Jahr attraktiv.
Die Gründe dafür bleiben gleich: Die Goldreserven von Zentralbanken steigen weiter und das Edelmetall bietet Schutz vor geopolitischer Unsicherheit und vor Inflation.