Die Deutschen gelten als Sparweltmeister. Die Sparquote ist hoch, doch was nützt das viele Geld, wenn es auf inaktiven Konten verkümmert? Während andere Nationen längst die Chancen des Kapitalmarkts nutzen, klammern sich viele Deutsche weiterhin an überholte Sparformen. Nirgendwo sonst wird Sicherheitsdenken bei der Geldanlage so großgeschrieben. Spareinlagen wie Sparbuch oder Tagesgeld stehen nach wie vor hoch im Kurs. Vermeintlich riskantere Anlagen wie Aktien meiden viele lieber. Doch diese vermeintliche Sicherheit ist trügerisch. Denn wer sein Geld zu konservativ parkt, spart sich auf lange Sicht arm. Selbst eine jahrelange Rekordrallye des DAX und hohe Inflation konnten viele nicht umstimmen. Trotzdem verzichten die meisten Deutschen weiter auf die Renditechancen an der Börse.
Deutschlands Sparer lieben das Altbekannte – Sparbuch und Girokonto liegen weit vorne. Jüngste Umfragen untermauern die extreme Vorsicht. Laut einer Kantar-Umfrage im Auftrag des Bankenverbands BdB nannten 37 Prozent der Befragten das Tagesgeldkonto als bevorzugte Geldanlage – weit vor Aktien (29 Prozent) oder Fonds (27 Prozent). Rund 70 Prozent der Sparer geben Sicherheit als wichtigstes Anlageziel an. Entsprechend gering ist die Risikobereitschaft. Nur etwa jeder Dritte ist bereit, für höhere Rendite auch mehr Risiko einzugehen. Die allermeisten bleiben auf Nummer sicher. Heiner Herkenhoff vom BdB konstatiert, der „Wunsch nach sicheren Geldanlagen hat gegenüber dem Vorjahr deutlich zugenommen“. Anstatt die Chancen des Kapitalmarkts zu nutzen, verharren viele Deutsche lieber im vermeintlich sicheren Hafen ihrer Sparkonten.
Über zwei Drittel des Geldes liegen auf kurzfristig verfügbaren Konten, nur ein kleiner Teil in festverzinslichen Anlagen. Obwohl die Zinsen 2023 wieder gestiegen sind, bekommen Sparer auf ihren Guthaben im Schnitt nur rund 0,5 Prozent Zinsen. Laut Berechnungen summieren sich die entgangenen Zinsen im Jahr 2023 auf über 70 Milliarden Euro. Durch die aktuell wieder fallenden Zinsen wird dieser Betrag in den nächsten Monaten sicherlich wieder ansteigen. Noch gravierender fällt der Blick auf die Börse aus. Hätten die Deutschen in den vergangenen Jahren konsequenter in Aktien investiert, läge ihr Gesamtvermögen heute um etwa 715 Milliarden Euro höher. Das entspricht einem Zuwachs von fast 8 Prozent – trotz aller Zwischenkrisen.
Wer Vermögen aufbauen will, kommt an renditestärkeren Anlagen nicht vorbei. Allerdings ganz ohne Risiko ist keine Rendite zu haben. Aktien etwa bieten langfristig die höchsten Ertragschancen. Langfristige Analysen belegen immer wieder die Überlegenheit von Aktien. Wer über Jahrzehnte regelmäßig in breite Aktienindizes investierte, erzielte im Schnitt 7–9 Prozent Rendite pro Jahr. Über solche langen Zeiträume waren diversifizierte Aktiendepots nahezu immer im Plus. Kurzfristige Kursrückschläge gehören zwar dazu, doch mit langem Atem lassen sie sich meist aussitzen. Inzwischen zeichnet sich hier ein Wandel ab. Mittlerweile besitzen über 12 Millionen Deutsche Aktien oder Aktienfonds – das ist mehr als jeder Sechste – und besonders junge Menschen drängen verstärkt an die Börse. In der Altersgruppe der 14- bis 24-Jährigen hat sich der Anteil der Aktiensparer seit 2018 von 9 Prozent auf 31 Prozent mehr als verdreifacht.
Allerdings lassen sich viele deutsche Privatanleger weniger von rationalen Überlegungen leiten als vielmehr vom Herdentrieb. Anstatt klug und breit gestreut zu investieren, setzen sie lieber auf riskante Einzelaktien. Besonders beliebt waren häufig Technologieaktien, wobei eine sinnvolle Diversifikation oft völlig fehlt. Hinzu kommt der sogenannte „Home Bias“ – also die Tendenz, überproportional stark in heimische Aktien zu investieren –, was die Portfolios zusätzlich aus dem Gleichgewicht bringt. Besonders riskant wird es bei Ausflügen in Meme-Aktien und Kryptowährungen. Diese sind stark schwankend, schwer einzuschätzen und häufig ohne echten fundamentalen Wert. Hier dominiert Spekulation statt langfristiger Anlagestrategie. Der Versuch, den Markt mit Einzelwerten zu schlagen, endet häufig in geringeren Renditen als ein simples ETF-Investment.
Ein ausgewogenes und breit gestreutes Portfolio aus verschiedenen Anlageklassen wie Aktien, Anleihen und Immobilien hilft, Risiken zu reduzieren und Renditen zu stabilisieren. Statt aus Angst vor Verlusten auf dem Sparbuch zu verharren, sollten Sparer ihr Sicherheitsbedürfnis hinterfragen und bereit sein, zumindest einen Teil ihres Kapitals in renditestärkere Anlagen zu investieren. Absolute Sicherheit ist eine Illusion – wer sie um jeden Preis anstrebt, riskiert finanzielle Einbußen. Der richtige Weg liegt in einer durchdachten, diversifizierten Anlagestrategie, unterstützt durch finanzielle Bildung und gegebenenfalls professionelle Beratung. So lässt sich Vermögen langfristig aufbauen, ohne auf Wachstum verzichten zu müssen.
Wer sich bei der Geldanlage unsicher fühlt, sollte professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen. Erfahrene Vermögensverwalter analysieren die individuelle finanzielle Situation und entwickeln darauf abgestimmte, maßgeschneiderte Anlagestrategien. Im Fokus stehen dabei Diversifikation und ein langfristiger Anlagehorizont. Qualifizierte Finanzberater helfen zudem dabei, emotionale Fehlentscheidungen zu vermeiden.