In der letzten Woche war es mal wieder soweit, die Uhr wurde auf die Winterzeit umgestellt. Unabhängig davon, ob man diese Regelung nun für sinnvoll hält oder nicht, eins wird einem dann bewusst, das Jahr neigt sich dem Ende zu. Zeitgleich wird damit auch der Startschuss für die jährliche Steuersparrally gegeben. Doch die Handlungsmöglichkeiten sind in den letzten Jahren stark geschrumpft. Vorbei sind die Zeiten, als man mit Schiffen, Flugzeugen oder Windrädern noch schnell vermeintliche Verluste in Steuerersparnis wandeln konnte. So schlimm ist das nicht, denn für viele Anleger blieb am Ende dabei leider oft nur der Verlust.
Mittlerweile muss man als Anleger gar nicht mehr in obskure Anlagen investieren, um unter dem Strich mit einem Minus rauszukommen. Es reicht schon das normale Sparbuch. Bei einer Inflation von ca. 1,7 Prozent und Guthabenzinsen von knapp über null Prozent, ist der Kaufpreisverlust garantiert. Laut Bundesbankstatistik beträgt die Durchschnittsverzinsung von täglich verfügbaren Geldanlagen bei allen deutschen Banken nur noch 0,03 Prozent. Wer sein Geld einfach nur rumliegenlässt, denn nichts anderes passiert auf Sparbüchern und Tagesgeldkonten, der verliert heute sogar Geld. Experten sprechen von einem negativen Realzins. Pro Jahr gehen circa 75 Milliarden Euro verloren. Das sind pro Jahr rund 1000 Euro pro Bundesbürger an Wertverlust. Mit jedem Zehntel Prozentpunkt mehr Inflation schmilzt die Kaufkraft des Spargeldes ab wie ein Alpengletscher durch die Erderwärmung. Völlig unbeeindruckt von dieser Entwicklung feiern die Banken den Weltspartag und das klassische Sparbuch. Wie jedes Jahr mahnen Sparkassen, Volksbanken und Privatbanken am letzten Arbeitstag im Oktober zur Sparsamkeit. Die Marketingabteilungen, vor allem von Spar- und Volksbanken, laufen an diesem Tag zur Höchstform auf. So manch lokaler Bankvorstand erklärte sogar die gesamte Woche zur Weltsparwoche.
Als der Internationale Sparkassenkongress den Weltspartag im Jahr 1924 ins Leben rief, lohnte sich das klassische Sparen noch. Das Geld auf den Sparkonten vermehrte sich, üppigen Zinsen und dem Zinses-Zins-Effekt sei Dank, quasi von selbst. Daran änderte sich auch in den kommenden Jahrzehnten nichts. Wer sein Geld auf Sparkonten parkte wurde fürstlich belohnt. Für Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von zwölf Monaten bekamen Sparkassen- und Bankkunden in den 1940er bis 1960er Jahren vier bis fünf Prozent Zinsen pro Jahr. In den 1970er Jahren stieg der Zinssatz sogar zeitwiese auf rund sieben Prozent. Auch wenn in diesen Phasen die Inflation wesentlich höher war, so verblieb immer noch ein positiver Ertrag und die Deutschen sparten gerne. Losgelöst von der aktuellen Zinssituation zeigten sich die deutschen Sparer überraschenderweise bis jetzt äußerst beständig. Wer gemeint hatte, ohne Zinsen werde der Anreiz zum Sparen sinken und die Deutschen würden ihr ganzes Geld verjubeln, sieht sich eines Besseren belehrt. Knapp zehn Prozent ihres verfügbaren Einkommens legen die Deutschen Monat für Monat auf die hohe Kante. Die Ziele sind und waren dabei völlig unterschiedlich. Von der teuren Anschaffung über die eigene Immobilie bis zur Altersvorsorge. Manchmal ist es auch einfach nur der Notgroschen für unvorhersehbare Ausgaben. Und auch nur der gehört auf Sparbücher oder Tagesgeldkonten.
Das Geld, das jedoch nicht kurzfristig für Notfälle zur Verfügung steht, sollte jedoch nicht gespart, sondern investiert werden. Aus dem Weltspartag sollte endlich ein Weltanlagetag oder noch besser ein Weltaktientag werden, fordern viele Experten schon lange. Denn eines wird in diesen Tagen offensichtlich, Sparer verlieren und Anleger gewinnen. Auf absehbare Zeit ist mit keiner nennenswerten Zinswende zu rechnen. Aktien hingegen sind in den letzten Jahren, im Zuge der Nullzinspolitik und der stabilen wirtschaftlichen Entwicklung, gestiegen. Auch langfristig ist die Aktie die erfolgreichste Anlageklasse überhaupt. Langfristige Investoren konnten in der Vergangenheit Renditen von im Schnitt gut acht Prozent pro Jahr erzielen.
Allerdings gilt das wirklich nur, wenn Investoren langfristig engagiert sind. Wer nur kurzfristig am Aktienmarkt Geld verdienen will, sollte sich auf heftige Schwankungen seines Depotwertes einstellen. Korrekturen und mitunter auch ein Crash gehören zu einem Investment am Aktienmarkt einfach dazu. Anleger sollten also bei einer Anlage einen ausreichend langen Anlagezeitraum einplanen. Der Einstiegszeitpunkt in den Aktienmarkt ist dabei für den Erfolg nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist immer der Zeitpunkt, wann das Kapital benötigt wird. Langfristig, dass belegen viele Untersuchungen, wird das Risiko immer geringer und verschwindet irgendwann sogar ganz.
Zurzeit sind wieder viele Anleger verunsichert und zögern, mal wieder, mit einem zielbewussten Einstieg in den Aktienmarkt. Die Dax-Party läuft seit Wochen auf Hochtouren. Der Index knackt einen Spitzenwert nach dem Nächsten. Damit hat er seit Jahresanfang um stattliche 17 Prozent zugelegt. Auch der amerikanische Aktienmarkt meldet, einem unberechenbaren Präsidenten Donald Trump zum Trotz, fast täglich neue Höchstwerte. Viele Anleger wurden durch den stabilen Aufwärtstrend überrascht, so mancher wollte einsteigen, wenn die Kurse wieder etwas günstiger sind. Wie so oft haben sie den besten Einstiegspunkt schon wieder verpasst. Dabei zeigen viele Untersuchungen regelmäßig, das Market-timing an der Börse eine recht aussichtlose Methode ist. Selbst Profis scheitern regelmäßig daran.
Den Startschuss zur jüngsten Rally hatte EZB-Chef Mario Draghi bei der Sitzung am 26. Oktober gegeben. Mit der Ankündigung, dass das Anleihenkaufprogramm im September 2018 nicht plötzlich auslaufen werde, hat er für einen deutlichen Kursrückgang beim Euro gegenüber dem Dollar gesorgt. Damit verbessern sich die Gewinnperspektiven der exportabhängigen Dax-Unternehmen in den USA, wodurch der Index neuen Schwung bekam. Außerdem ist der deutsche Leitindex mit einer Dividendenrendite von 2,8 Prozent deutlich attraktiver als die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen, die immer noch bei mickrigen 0,4 Prozent liegen. Angetrieben wird die Dax-Rallye vor allem von Zyklikern, also von Unternehmen aus konjunkturabhängigen Sektoren, nachdem sich das Wachstum der Weltwirtschaft zuletzt etwas beschleunigt hatte. So hat der Internationale Währungsfonds (IWF) die Prognose für dieses und das kommende Jahr jeweils leicht angehoben. Der derzeitige Aufschwung steht auf einem durchaus stabilen Fundament.
Der Weltspartag ist in diesen Zeiten vielleicht ein wenig antiquiert, irgendwie überholt in Zeiten ohne Zinsen. Die Idee des Sparens hat aber durchaus seine Berechtigung. Die letzten Wochen des Jahres sind immer ein guter Zeitpunkt um über seine Zukunft, das neue Jahr und seine Ziele nachzudenken. Um dem Wertverlust zu entgehen, müssen auch die konservativsten Anleger heute stärker ins Risiko gehen. Sie müssen ihr Geld arbeiten und nicht weiter rumliegen lassen. Und ja, auch über Aktien sollten sie nachdenken. Es lohnt sich immer noch!
Redakteur: Diplom-Kaufmann Markus Richert, CFP®
Seniorberater Vermögensverwaltung