Es ist vermutlich eine der bekanntesten Börsenweisheiten und gefühlt jedes Jahr um diese Jahreszeit ein beliebter Aufmacher in diversen Finanzpublikationen. Sie rät Investoren, ihre Aktienpositionen im Mai zu verkaufen und den Markt bis September zu meiden. Das Sprichwort „Sell in May and go away but remember to come back in september“ hat seinen Ursprung im London des 19. Jahrhunderts, als die wohlhabende Gesellschaft die Stadt während der Sommermonate verließ und geschäftliche Aktivitäten oft pausierten. Ursprünglich bezog sich der Spruch auf das Zurückkommen nach dem St. Leger’s Day, einem bedeutenden Pferderennen im September. Übertragen auf die Finanzmärkte impliziert das Sprichwort, dass der Sommer eine Durststrecke darstellt, in der wenig geschäftliche und wirtschaftliche Aktivität zu erwarten ist. Aber stellt diese saisonale Strategie wirklich eine effektive Methode für Privatanleger dar, um ihr Portfolio zu managen?
Verschiedene Theorien erklären die Existenz von saisonalen Effekten auf den Märkten. Saisonale Trends auf den Finanzmärkten zeigen oft wiederkehrende Muster, die von verschiedenen Faktoren beeinflusst werden. Zu den bekanntesten gehört der „January Effect„, bei den Kleinaktien im Januar typischerweise eine überdurchschnittliche Performance zeigen, oft zurückzuführen auf den Rückkauf von Aktien nach steuerbedingten Verkäufen am Jahresende. Ein weiteres Phänomen ist die „Santa Claus Rally“, die eine positive Entwicklung der Aktienmärkte in der letzten Dezemberwoche und den ersten Januartagen beschreibt, möglicherweise beeinflusst durch Feiertagsoptimismus und niedrigere Handelsvolumina. Das „Ende des Fiskaljahres“ in Ländern wie Japan und Großbritannien führt auch zu signifikanten Anpassungen in der Aktienmarktaktivität, da Investoren ihre Portfolios neu ausrichten, was zu erhöhter Volatilität führen kann. Schließlich gibt es die „Turn-of-the-Month“ und „Day-of-the-Week“ Effekte, die zeigen, dass Märkte tendenziell am Monatsende und -anfang sowie an Freitagen besser performen, während Montage oft schwächere Handelstage darstellen. Anleger die saisonale Trends nutzen wollen, haben also einen vollen Terminkalender und viel zu beachten.
Selbstverständlich gibt es auch zahlreiche wissenschaftliche Studien und statistische Analysen, die einige dieser saisonalen Effekte auf den Finanzmärkten bestätigen, obwohl die Ergebnisse oft variieren können, abhängig von den untersuchten Zeitperioden, Märkten und spezifischen Methoden. Privatanleger sollten saisonale Effekte auf den Finanzmärkten berücksichtigen, jedoch nicht als alleinige Basis für Investitionsentscheidungen nutzen. Es ist wichtig, diese Muster in eine breitere, diversifizierte Anlagestrategie zu integrieren und sie mit Risikomanagement, fundamentaler und technischer Analyse zu kombinieren. Anleger sollten auch steuerliche Konsequenzen bedenken, sich kontinuierlich weiterbilden und kritisch bleiben gegenüber Strategien, die schnelle Gewinne durch saisonale Trends versprechen. Langfristige Investitionsziele und stabile Fundamentaldaten sollten im Vordergrund stehen, um langfristig stabile Erträge zu sichern und kurzfristige Marktvolatilität zu meiden.
Außerdem variieren saisonale Effekte an den Finanzmärkten global und sind von regionalen wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Faktoren beeinflusst. Diese saisonalen Muster können in einigen Ländern stärker ausgeprägt sein als in anderen und unterschiedliche Zeiträumen betreffen. Die globale Perspektive offenbart, dass kein universeller Ansatz für saisonale Effekte existiert und dass diese Effekte in verschiedenen Märkten unterschiedlich wirksam sind. Privatanleger sollten daher vorsichtig sein, wenn sie saisonale Muster in ihre Anlagestrategien einbeziehen. Eine breite Diversifikation kann helfen, das Risiko, das mit der Ausnutzung saisonaler Anomalien verbunden ist, zu reduzieren. Anleger sollten sich auf langfristige Ziele und fundamentale Analysen konzentrieren, statt sich auf kurzfristige saisonale Gewinne zu verlassen.
Untersuchungen zeigen, dass saisonale Strategien wie „Sell in May and go away“ in bestimmten Märkten und unter bestimmten Bedingungen eine effektive Strategie sein können. Sie sind jedoch weit davon entfernt, eine universelle Lösung zu sein. Die historische Performance ist gemischt, und die Strategie sollte nicht ohne Berücksichtigung der spezifischen Investitionsziele und des Marktumfelds angewendet werden. Man kann es Drehen und Wenden wie man will, eine erfolgreiche Geldanlage bedeutet Arbeit. Wer als Privatanleger nachhaltig und erfolgreiche Geld an den Kapitalmärkten anlegt, kommt an einer gründlichen Risikobewertung seiner Investitionen und an einer permanenten Überwachung der Marktbedingungen nicht vorbei. Glücklicherweise gibt es in einer arbeitsteiligen Gesellschaft eine Lösung. Ab einem gewissen Anlagebetrag lohnt es sich die Arbeit an einen unabhängigen Vermögensverwalter zu delegieren. Das kostet weniger als sie vermuten, bringt aber langfristig mehr Rendite als sie denken!