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Es ist eine Szene wie aus einem Hollywood-Blockbuster, die sich an einem windstillen Morgen in naher Zukunft in ganz Europa so abspielen könnte. In allen größeren Städten besteigen Beamte der EZB in dunklen Anzügen und mit ernsten Gesichtern die bereitstehenden Hubschrauber. Ihre Ladung, Kisten mit frisch gepressten 100 Euro Scheinen. Angespannt und zufrieden beobachtet Mario Draghi und sein EZB-Rat die Szenerie vom obersten Stockwerk der EZB Zentrale in Frankfurt. Sie haben in den zurückliegenden Jahren alles versucht, heute spielen sie ihre letzte Karte und sie werden Geschichte schreiben. Eine halbe Stunde später regnet es 100 Euro Scheine in jeden Winkel des Euro-Währungsraumes.

Modern Monetary Theory könnte den US Wahlkampf 2020 bestimmen

So oder so ähnlich wird es sich selbstverständlich nicht abspielen. Der Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften Milton Friedmann hatte ein solches Szenario lediglich als Metapher benutzt, als er vorgeschlagen hatte, Geld aus dem Helikopter auf die Menschen regnen zu lassen. Als allerletztes Mittel einer Notenbank, um die Deflation zu bekämpfen, hatte er dieses Gedankenexperiment schon vor Jahrzehnten formuliert. Spätestens jedoch seit der Finanzkrise und der scheinbar nie endenden Nullzinspolitik der EZB taucht das Helikoptergeld als geldmarktpolitische Option regelmäßig auf. In den letzten Monaten vor allem im Windschatten der Modern Monetary Theory (MMT). So heißt die neue Wunderwaffe vieler Ökonomen. Derzeit deutet auch einiges darauf hin, dass die MMT eines der zentralen Themen im US-Wahlkampf 2020 werden könnte. Denn unbeschränkt Geld auszugeben hat derzeit für Politiker aus jedem politischen Lager einen besonderen Reiz.

Der Staat kann soviel Geld drucken wie er will

Die Kernaussage der MMT besagt, dass ein Staat, der seine eigene Währung hat, soviel Geld drucken kann wie er will, wenn es darum geht seine Schulden zu bezahlen. Die Zentralbank muss einzig dafür sorgen, dass die Zinsen tiefer bleiben als die Wachstumsrate des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Die derzeit bekannteste Vertreterin der MMT ist die Ökonomie-Professorin Stephanie Kelton. Sie war Beraterin von Bernie Sanders in seinem Wahlkampf 2016. Mittlerweile öffnen sich auch die Konservativen diesem neuen Ansatz. Bis vor Kurzem waren steigende Staatsschulden für sie gleichbedeutend mit dem Untergang des Abendlandes. Spätestens seid Donald Trump als Präsident die US-Staatsschulden in immer neue Dimensionen treibt, scheinen die Republikaner sich von ihren alten Grundsätzen verabschiedet zu haben. Mittlerweile zahlen die USA 900 Millionen Dollar Zinsen pro Tag. Auch in Deutschland mehren sich Stimmen, die das Ziel eines ausgeglichenen Staatshaushaltes, der oft zitierten schwarzen Null, für falsch halten. In Anbetracht der tiefen Zinsen sollte der Staat besser großzügig in Infrastruktur und Bildung investieren. Ein Staatshaushalt funktioniert eben nach ganz anderen Regeln als der Privathaushalt einer schwäbischen Hausfrau.

Inflation bleibt ein Risiko

Die Gefahr einer zu stark steigenden Inflation negieren auch die Vertreter der Modern Monetary Theory nicht. Simbabwe oder die Türkei lassen aktuell grüßen. Um das zu vermeiden, muss die Zentralbank den Zinssatz unterhalb der Wachstumsrate halten. Damit hält Sie die Inflation im Griff. Ansonsten, in diesem Punkt herrscht Einigkeit, würde durch eine Geldschwemme Inflation erzeugt werden. Mit der „Operation Bernhard“ existiert sogar eine reale Blaupause, um eine Volkswirtschaft in eine Hyperinflation zu treiben. Während des zweiten Weltkrieges fälschte eine kleine Abteilung im nationalsozialistischen Deutschen Reich britische Pfundnoten mit einem Nennwert in Höhe von 132 Millionen Pfund, immerhin 15 Prozent des britischen Bargeldumlaufs. Durch die Überschwemmung der britischen Volkswirtschaft mit Geld wäre es im Erfolgsfall zu einer enormen Inflation gekommen und der Wirtschaftskreislauf Englands wäre massiv gestört worden. Glücklicherweise war der Krieg vorher beendet, nur ein kleiner Teil der gefälschten Banknoten erreichte England. Die Banknoten waren jedoch so perfekt gefälscht und die Bedrohung für den britischen Währungsraum war so groß, dass sich die Bank of England nach dem Krieg gezwungen sah, alle Pfund-Noten ab 5 Pfund aus dem Verkehr zu ziehen und zu ersetzen.

Das billige Geld der Anleihekaufprogramme hat die Realwirtschaft nur unzureichend erreicht

Dabei hat die EZB bereits nach der Finanzkrise reagiert und durch das billionenschwere Anleihekaufprogramm die Märkte mit Geld geflutet. Allerdings scheint das billige Geld die Realwirtschaft nur unzureichend zu erreichen. Es bleibt in den Banken und den Finanzmärkten hängen. Die Geldschöpfung durch Kredite der Banken für den privaten Sektor ist nach wie vor viel zu schwach. Helikoptergeld dagegen würde die Bürger direkt erreichen. Denn es ist Zentralbankgeld, das direkt an die Bevölkerung verschenkt bzw. überwiesen wird. Damit umgeht die Zentralbank den herkömmlichen Bankensektor. Die Zentralbank druckt, der Bürger shoppt und die Wirtschaft brummt. So einfach erscheint auf den ersten Blick die Wirkungskette.

Die Hubschrauber sind startklar

Der Druck auf die EZB wird in den nächsten Monaten zunehmen. Denn Europas Konjunktur hat sich etwas eingetrübt. Das klassische geldpolitische Instrumentarium ist allerdings nach wie vor ausgereizt. Die Zinsen sind immer noch auf einem Rekordtief, der Spielraum nach unten ist begrenzt. Viele Ökonomen rechnen damit, dass Draghi oder sein Nachfolger im übertragenden Sinn früher oder später die Helikopter starten lässt. Auch für die USA rechnen viele Beobachter damit, dass bei der nächsten Rezession die Helikopter abheben könnten. Die moderne Geldtheorie hat bereits den Weg geebnet. Es kann sich also in Zukunft lohnen, wenn man das beruhigende Surren eines Hubschraubers hört, einmal einen Blick nach oben zu riskieren. Vielleicht regnet es ja 100 Euro Scheine.

 

 

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Draghi macht die Helikopter startklar

Es ist eine Szene wie aus einem Hollywood-Blockbuster, die sich an einem windstillen Morgen in naher Zukunft in ganz Europa so abspielen könnte. In allen größeren Städten besteigen Beamte der EZB in dunklen Anzügen und mit ernsten Gesichtern die bereitstehenden Hubschrauber. Ihre Ladung, Kisten mit frisch gepressten 100 Euro Scheinen. Angespannt und zufrieden beobachtet Mario Draghi und sein EZB-Rat die Szenerie vom obersten Stockwerk der EZB Zentrale in Frankfurt. Sie haben in den zurückliegenden Jahren alles versucht, heute spielen sie ihre letzte Karte und sie werden Geschichte schreiben. Eine halbe Stunde später regnet es 100 Euro Scheine in jeden Winkel des Euro-Währungsraumes.

Modern Monetary Theory könnte den US Wahlkampf 2020 bestimmen

So oder so ähnlich wird es sich selbstverständlich nicht abspielen. Der Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften Milton Friedmann hatte ein solches Szenario lediglich als Metapher benutzt, als er vorgeschlagen hatte, Geld aus dem Helikopter auf die Menschen regnen zu lassen. Als allerletztes Mittel einer Notenbank, um die Deflation zu bekämpfen, hatte er dieses Gedankenexperiment schon vor Jahrzehnten formuliert. Spätestens jedoch seit der Finanzkrise und der scheinbar nie endenden Nullzinspolitik der EZB taucht das Helikoptergeld als geldmarktpolitische Option regelmäßig auf. In den letzten Monaten vor allem im Windschatten der Modern Monetary Theory (MMT). So heißt die neue Wunderwaffe vieler Ökonomen. Derzeit deutet auch einiges darauf hin, dass die MMT eines der zentralen Themen im US-Wahlkampf 2020 werden könnte. Denn unbeschränkt Geld auszugeben hat derzeit für Politiker aus jedem politischen Lager einen besonderen Reiz.

Der Staat kann soviel Geld drucken wie er will

Die Kernaussage der MMT besagt, dass ein Staat, der seine eigene Währung hat, soviel Geld drucken kann wie er will, wenn es darum geht seine Schulden zu bezahlen. Die Zentralbank muss einzig dafür sorgen, dass die Zinsen tiefer bleiben als die Wachstumsrate des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Die derzeit bekannteste Vertreterin der MMT ist die Ökonomie-Professorin Stephanie Kelton. Sie war Beraterin von Bernie Sanders in seinem Wahlkampf 2016. Mittlerweile öffnen sich auch die Konservativen diesem neuen Ansatz. Bis vor Kurzem waren steigende Staatsschulden für sie gleichbedeutend mit dem Untergang des Abendlandes. Spätestens seid Donald Trump als Präsident die US-Staatsschulden in immer neue Dimensionen treibt, scheinen die Republikaner sich von ihren alten Grundsätzen verabschiedet zu haben. Mittlerweile zahlen die USA 900 Millionen Dollar Zinsen pro Tag. Auch in Deutschland mehren sich Stimmen, die das Ziel eines ausgeglichenen Staatshaushaltes, der oft zitierten schwarzen Null, für falsch halten. In Anbetracht der tiefen Zinsen sollte der Staat besser großzügig in Infrastruktur und Bildung investieren. Ein Staatshaushalt funktioniert eben nach ganz anderen Regeln als der Privathaushalt einer schwäbischen Hausfrau.

Inflation bleibt ein Risiko

Die Gefahr einer zu stark steigenden Inflation negieren auch die Vertreter der Modern Monetary Theory nicht. Simbabwe oder die Türkei lassen aktuell grüßen. Um das zu vermeiden, muss die Zentralbank den Zinssatz unterhalb der Wachstumsrate halten. Damit hält Sie die Inflation im Griff. Ansonsten, in diesem Punkt herrscht Einigkeit, würde durch eine Geldschwemme Inflation erzeugt werden. Mit der „Operation Bernhard“ existiert sogar eine reale Blaupause, um eine Volkswirtschaft in eine Hyperinflation zu treiben. Während des zweiten Weltkrieges fälschte eine kleine Abteilung im nationalsozialistischen Deutschen Reich britische Pfundnoten mit einem Nennwert in Höhe von 132 Millionen Pfund, immerhin 15 Prozent des britischen Bargeldumlaufs. Durch die Überschwemmung der britischen Volkswirtschaft mit Geld wäre es im Erfolgsfall zu einer enormen Inflation gekommen und der Wirtschaftskreislauf Englands wäre massiv gestört worden. Glücklicherweise war der Krieg vorher beendet, nur ein kleiner Teil der gefälschten Banknoten erreichte England. Die Banknoten waren jedoch so perfekt gefälscht und die Bedrohung für den britischen Währungsraum war so groß, dass sich die Bank of England nach dem Krieg gezwungen sah, alle Pfund-Noten ab 5 Pfund aus dem Verkehr zu ziehen und zu ersetzen.

Das billige Geld der Anleihekaufprogramme hat die Realwirtschaft nur unzureichend erreicht

Dabei hat die EZB bereits nach der Finanzkrise reagiert und durch das billionenschwere Anleihekaufprogramm die Märkte mit Geld geflutet. Allerdings scheint das billige Geld die Realwirtschaft nur unzureichend zu erreichen. Es bleibt in den Banken und den Finanzmärkten hängen. Die Geldschöpfung durch Kredite der Banken für den privaten Sektor ist nach wie vor viel zu schwach. Helikoptergeld dagegen würde die Bürger direkt erreichen. Denn es ist Zentralbankgeld, das direkt an die Bevölkerung verschenkt bzw. überwiesen wird. Damit umgeht die Zentralbank den herkömmlichen Bankensektor. Die Zentralbank druckt, der Bürger shoppt und die Wirtschaft brummt. So einfach erscheint auf den ersten Blick die Wirkungskette.

Die Hubschrauber sind startklar

Der Druck auf die EZB wird in den nächsten Monaten zunehmen. Denn Europas Konjunktur hat sich etwas eingetrübt. Das klassische geldpolitische Instrumentarium ist allerdings nach wie vor ausgereizt. Die Zinsen sind immer noch auf einem Rekordtief, der Spielraum nach unten ist begrenzt. Viele Ökonomen rechnen damit, dass Draghi oder sein Nachfolger im übertragenden Sinn früher oder später die Helikopter starten lässt. Auch für die USA rechnen viele Beobachter damit, dass bei der nächsten Rezession die Helikopter abheben könnten. Die moderne Geldtheorie hat bereits den Weg geebnet. Es kann sich also in Zukunft lohnen, wenn man das beruhigende Surren eines Hubschraubers hört, einmal einen Blick nach oben zu riskieren. Vielleicht regnet es ja 100 Euro Scheine.

 

 

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